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Zum Entwurf der neuen PLC-Norm EN 50561

Der Entwurf ist zunächst schon formell inkorrekt, denn die mehrfach verwendete Angabe "1,606 5 MHz" ist unklar. Nehmen wir also an, es soll "5 MHz" heißen:

Zeilen 201-203 besagen, dass in jedwedem Betriebszustand die vom PLC-Port ausgehenden unsymmetrischen Störemissionen zwischen 150 KHz und 5 MHz die Grenzwerte von Tabelle 1 nicht überschreiten dürfen.

Zeilen 204-208 besagen, dass wenn Benutzerdaten über den PLC-Port gesendet werden die vom PLC-Port ausgehenden unsymmetrischen Störemissionen zwischen 5 und 30 MHz die Grenzwerte von Tabelle 1 (und das sind genau die Grenzwerte nach EN 55022) aber sehr wohl überschreiten dürfen, sofern dabei nur in den "ausgeschlossenen Frequenzbereichen" nach Tabelle A.1 (und dazu gehören die Amateurfunk- und Flugfunkbänder) die Grenzwerte nach Tabelle 1 eingehalten werden.

Der Begriff "excluded" (ausgeschlossen) bedeutet also hier lediglich, dass diese Frequenzbereiche von der ansonsten zugestandenen ÜBERSCHREITUNG der Grenzwerte nach EN 55022 ausgeschlossen werden, nicht jedoch von Störemissionen insgesamt. Trickreich ! 

Fazit:
Über die gesamte Kurzwelle werden die zulässigen Störemissionen mindestens genau so hoch sein wie nach der momentan noch gültigen EN 55022, in vielen Frequenzbereichen aber noch weit darüber liegen. Da jedoch - obwohl von EN 55022 nicht vorgeschrieben - das Notchen der Amateurfunkbänder inzwischen ein de-Facto-Standard bei den allermeisten Herstellern von Chip-Sets für PLC-Modems geworden ist mit Notchtiefen von typisch ca. -35 dB, werden nach diesem Entwurf innerhalb der Amateurfunkbänder ca. 35 dB oder 6 S-Stufen höhere Störpegel gestattet als wir sie faktisch heute bei PLC-Störungen haben.

Übrigens kann gar keine Rede davon sein, dass falls keine Benutzerdaten gesendet werden auch keine Störemissionen vorhanden sein sollen, denn in Zeilen 211 bis 213 werden für diesen Fall zwischen 150 KHz und 30 MHz ebenfalls die Grenzwerte nach Tabelle 1 vorgeschrieben.

Wenn die verantwortlichen Herrschaften beim DARC auch nur einen Funken Verantwortungsbewusstsein und Rückgrat haben, geben sie jetzt ohne Zeitverzögerung und unnützes Taktieren zu, dass sie einen gravierenden Fehler begangen haben. Ich erwarte, dass der DARC umgehend die IARU Region-1 EMC WG darüber informiert und alles nur mögliche tut um die entsprechenden NCs der CENELEC davon zu überzeugen, diesen Entwurf abzulehnen. Die allermeisten Nationalen Kommitees (NCs) werden aber bereits abgestimmt haben, denn die Frist läuft am 2. November aus !

Im Zusammenhang mit Normen möchte ich auch auf folgendes aufmerksam machen:

In der CQ-DL häufen sich in letzter Zeit Lobgesänge auf die BNetzA, die in Störfällen Geräte stillgelegt hat weil "die zulässigen Grenzwerte" überschritten wurden. Durch solche Meldungen wird ganz im Sinne und entsprechend der gängigen Praxis der BNetzA der Irrglaube verbreitet, im Falle eingehaltener Grenzwerte könne gegen die Störung nicht vorgegangen werden. Tatsache ist, dass bei Überschreitung irgendwelcher Normgrenzwerte die Geräte erst gar nicht hätten auf den Markt kommen dürfen. Erzeugt ein Gerät "schädliche Störungen" bei einem Funkdienst ist es elektromagnetisch unverträglich, ganz gleich ob es die Grenzwerte irgendwelcher Normen einhält oder nicht. Und diese "schädliche Störung" ist nicht quantitativ durch Grenzwerte, sondern rein qualitativ durch ihren Effekt auf den Funkdienst definiert. Wenn eine Störung z.B. den Empfang eines Rundfunksenders den ich hören möchte oder den Funkbetrieb mit einer anderen Amateurfunkstelle "ernstlich beeinträchtigt, ihn behindert oder wiederholt unterbricht", dann ist es eine "schädliche Störung" gemäß den Begriffsbestimmungen der Konstitution der Internationalen Fernmeldeunion, die durch ein Zustimmungsgesetz in Deutsches Recht überführt wurde. Es wäre an der Zeit und hilfreich, die Funkamateure über diesen Sachverhalt zu informieren und sie darin zu bestärken, diese Position auch selbstbewusst gegenüber der BNetzA zu vertreten.

Falls diese unsägliche neue Norm EN 50561 in dieser Form kommt, können wir Amateurfunk auf Kurzwelle vergessen - und ich werde den DARC dafür mit verantwortlich machen ! Der DARC war ganz offensichtlich die treibende Kraft dafür, dass die allermeisten Mitgliedsverbände der IARU Region-1 ihren NCs dazu geraten haben, diesem Entwurf zuzustimmen. Und das, obwohl der EMC-Gutachter der von der Europäischen Kommission und von CENELEC beauftragt ist in diesen Angelegenheiten zu beraten vorgetragen hat, dass dieser Entwurf nicht die grundlegenden Anforderungen der EMC-Direktive erfüllt. CENELEC hat dieses Expertenurteil ignoriert - der DARC auch, zum Schaden des Amateurfunkdienstes ...

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Karl, DJ5IL
01. 10. 2012


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