Vortrag auf dem Inseltreffen in Göhren am 30.09.2000
(Text: DL3KWF, Hardy Zenker)

 

Um einen tiefgreifenden Abriß über die Geschichte des Amateurfunks zu geben, müßte man ein dickes Buch schreiben.
Dieses Buch hätte allerdings wie alle anderen Werke zu irgendeinem historischen Verlauf gewiß auch den Mangel der gewollten und ungewollten Verzerrungen. Das eigenene Erleben des Amateurfunks seitens des Schreibers, der eigene Standpunkt, beinhaltet immer subjektive
Elemente aus unserer jetzigen Zeit.

Wir erleben es an anderen Stellen zur Genüge, wie historische Ereignisse mit dem jetzigen Zeitbewußtsein gemessen werden.

Wollen wir uns also mehr Fakten aus der Geschichte ins Gedächtnis zurückrufen, und damit versuchen, die gewaltige Entwicklung der drahtlosen Nachrichtenübertragung in ihren ersten Jahren zu erfassen und uns an einige Ereignisse im Amateurfunk aus der von uns überblickbaren Vergangenheit erinnern.

 

Der Vorlauf der Wissenschaft
 

Dem englischen Physiker Maxwell verdankt die Welt seit 1873 den theoretischen Nachweis der Existenz elektromagnetischer Wellen.

Sein deutscher Kollege Heinrich Hertz wies diese Wellen erstmals 1887 experimentell nach. Wissenschaftler vieler Länder beschäftigten sich mit diesen uns heute vertrauten Wellen.

Greifen wir 2 der bedeutenden Wegbereiter der drahtlosen Nachrichtentechnik heraus:
Der russische Physiker A.S. Popow führte 1895 seinen Gewittermelder vor und ein Jahr später gelang ihm die erste drahtlose Nachrichtenübertragung auf einer Distanz von 250 Metern. Auch unsere heutigen modernen Stationen eignen sich übrigens bestens als Gewittermelder,
insbesondere dann, wenn wir eine drehbare Richtantenne verwenden.

Der 15 Jahre jüngere italienische Physiker Guglielmo Marconi führte 1895 bei Bologna, 1899 zwischen England und Frankreich und schließlich 1902 zwischen Europa und Amerika drahtlose Signalübertragungen durch.

Er verwendete als erster einen abgestimmten Schwingkreis. Marconi wurde 1909 mit dem Nobel-Preis für Physik geehrt.

Die erste Röhre zur Verstärkung von Wechselspannungen entwickelte der österreichische Physiker Robert von Lieben 1906.

Die Herkunft des Begriffes “funken” stammt offenbar aus jener Zeit, als Funkeninduktoren sowohl Oszillator als auch PA waren. Wir funken jedoch heute ohne Funken.
Das international gebräuchliche Wort “Radio” verdanken wir der Ausstrahlung wegen dem radioaktiven Element Radium. Soviel zu den Anfängen des Funkwesens.

In nahezu allen Ländern begriff man recht schnell die zukünftige Bedeutung der sich entwickelnden Funktechnik sowohl für kommerzielle als auch für militärische Zwecke. Diese Anpekte sind ein eigenes Kapitel, das wir heute nicht betrachten wollen.

 

Wiege des Amateurfunks – USA
 

Die Wiege des Amteurfunks hat zweifelsohne in den USA gestanden.

Dort war es etwa ab 1910 technisch interessierten Personen bereits möglich, selbst Geräte zu bauen.
Da die Reichweiten recht begrenzt waren, organisierte sich ein Übermittlungsfunkbetrieb - also ein Relaisbetrieb.

Naheliegend war, daß Organisationen zur gegenseitigen technischen Unterstützung und zur Organisation des Relais-Funk-Betriebes nötig waren. Aus dem “Radio Club of Hartford” ging schließlich im April 1914 die “American Radio Relay League”, die ARRL, hervor.

Bereits im Oktober 1914 waren im 1. ARRL-CALL-BOOK 500 Mitglieder aus mehr als 32 Bundesstaaten der USA und Kanada verzeichnet.

Gesendet wurde bei 200 Meter Wellenlänge; jeder auf irgendeiner Frequenz und zum Geschick des Funkamateurs gehörte es, in diesem Bereich dann die Station zu finden, die eine Antwort sendete.

Die Ältesten unter uns werden sich nun gewiß an die Anfänge des Amateurfunkbetriebes auf dem 2-Meter-Band erinnern. Man hatte für seinen Sender einen Quarz und beendete seinen allgemeinen Anruf beispielweise mit den Worten: “Ich drehe von unten nach oben durch.”

Aus den amerikanischen Anfangszeiten stammen auch die ersten amateurfunkspezifischen betriebstechnischen Festlegungen und Abkürzungen.  Seitens der ARRL war man auch um eine einheitliche Sprache bemüht.

Es wurde mehrfach Esperanto vorgeschlagen. Darauf gab es kaum positive Reaktionen und so entwickelte sich das heute als offene Sprache gesetzlich anerkannte sogenannte “QST-Englisch”. (Das Mitteilungsblatt und spätere Zeitschrift QST, über das also auch die Abkürzungen publiziert wurden, gibt es seit 1915.)

Wir kennen alle die Begriffe, die für uns Umgangssprache geworden sind:

- VY          aus  very

- CUAGN    aus  see you again

- DX         aus  distance   usw.

Die  “Titanic”  sendete bei ihrem Untergang 1912 das zu dieser Zeit gültige Seenotzeichen “CQD” - “come quick danger” - auf Deutsch:  komm schnell Gefahr.

Heutzutage ist anzuzweifeln, ob die Leute, die mit den Buchstaben “CQ” minutenlage Gebeübungen veranstalten, ahnen, daß sie “komm schnell” senden.

Die “73” stammen aus dem Betriebsdienst der Draht-Morse-Linien früherer Zeiten. “OK” wird - noch bevor es zum Nachrichteninhalt wurde - dem geschäftstüchtigen Amerikaner Oscar Kaiser zugesprochen, der mit seinen Initialen suggerierte, daß diese “OK-Waren” ohne Bedenken gekauft werden können.

 

Das erste transatlantische QSO
 

Gegenüber den USA wies die Entwicklung der Funktechnik der Funkamateure Europas einen Nachholebedarf aus. Der erste Versuch für einen transatlantischen Kontakt zwischen USA und England im Februar 1921 verlief trotz hoher Beteiligung - es sendeten 20 Stationen der ARRL und es hörten etwa 200 Engländer - negativ.

Von Seiten der ARRL hatte man jedoch bereits Erfahrungen im Überbrücken größerer Entfernungen.

Was im eigenen Land ging, muß schließlich auch transozeanisch funktionieren. Ein erneuter Versuch, für den die ARRL Paul F. Godley mit dem neusten Modell eines Superheterodyne-Empfängers nach Schottland schickte, gelang im Dezember 1921. Die amerikanischen Testsendungen vom ARRL-Hauptquartier mit dem Rufzeichen 1AAW (später U1AAW, NU1AWW, W1AW und jetzt NU1AW) konnten auch von zahlreichen Funkamateuren in England sowie in Holland und Frankreich aufgenommen werden. Der einseitige Funkverkehr war geglückt.

Es sollte nun noch zwei Jahre dauern, bis die erste zweiseitige Amateurfunkverbindung zwischen (U)1AWW und (F)8AB zustande kam. Für dieses historische QSO wurde eine Wellenlänge von 100 Metern - 3 Mhz - benutzt. Seit Marconis erster Transatlantik-Funk-Verbindung waren 21 Jahre vergangen.


“Bauelemente”
  

Bei Betrachtungen zu den Anfängen dürfen wir nicht vergessen, daß viele Bauelemente selbst angefertigt werden mußten. Kondensatoren wurden aus Stanniol und Zigarettenpapier, Widerstände aus abgebrannten Bleistiften, der Detektor-Demodulator aus Pyrit- oder Bleiglanzbröckchen und Drehkos aus Fotoplatten hergestellt. Das heutzutage vielerorts gefürchtete Wickeln von Spulen muß damals wegen der relativ hohen Exaktheit ein wahres Vergnügen gewesen sein.

Technische Anforderungen an Sende- und Empfangsgeräte wie wir sie heute kennen, gab es nicht und so nahm es auch niemand übel, wenn z.B. der Ton eine gewisse Verwandschaft mit dem Maschinen- gewehrfeuer, dem sogenannten Gartenzaun-AC, aufwies. Die Skale für Tonqualität ging von 1 bis 9 - auch heute noch. So waren nach dem jetzigen Stand der Technik und dem Geschmack unserer “Edelstelektroniker” viele Unmöglichkeiten schließlich doch damals zeitgemäße Lösungen.

Eine Frequenzdrift von 5 kHz während eines QSOs wurde nicht ausdrücklich vermerkt.

In Frankreich war es Mode geworden, die HF in der Form zu modulieren, daß Kohlemikrofone direkt in die Antennenleitungen geschaltet wurden. Die Hauptsache war, man funkte überhaupt oder noch besser:  man durfte!

 

... und in Deutschland ? Ein schwerer Anfang  
 

Ja, und in Deutschland durfte man eben nicht. Mit dem Gesetz über das Telegrafenwesen des Deutschen Reiches hatte man 1892 - also zeitlich noch vor dem Popow’schen Gewittermelder - jegliches private Betreiben von Telegrafenanlagen ausgeschlossen. Nach diesem Gesetz, bei dessen Abfassung kein Gedanke an drahtlose Übertragungen eine Rolle gespielt haben kann, wurden z.B. Rudolf Horkheimer 1923 und Manfred von Ardenne 1924 gerichtlich belangt. Horkheimer funkte unter dem Rufzeichen Y8 und hatte als erster Deutscher ein QSO mit Neuseeland. Nach ihm, dem späterer Professor in Berlin, benannte der DARC bekanntlich den jährlich zu vergebenen Preis für technische Entwicklungen auf dem Gebiete des Amateurfunks.

Funkinteressierte Menschen gab es viele, so daß sich zahlreiche Klubs im gesamten Land bildeten.

Die meisten Mitglieder waren mehr an Rundfunkhören interessiert. Der von diesen Vereinen ausgehen- de Druck auf die Reichspost führte schließlich 1924 zur “Freigabe des drahtlosen Nachrichtenempfan- ges” unter der Voraussetzung die “Bestrebungen zur Förderung des Funkwesens” nicht zu schädigen.

Eine Detektorversuchserlaubnis kostete 24 RM und eine Audionversuchserlaubnis 60 RM im Jahr.

Diese Genehmigungen wurde nur an Reichsdeutsche erteilt, wobei die Audionversuchserlaubnis an die “Vermittlung anerkannten Vereine” gebunden war.

Wenn bis dahin bereits das nächtliche Träumen vom Senden unter Strafe gestanden zu haben scheint, so war schließlich doch der erste Schritt erreicht, denn wenn nun empfangen werden durfte, mußte ja irgendwann auch jemand senden. 1925 wurden im gesamten Deutschen Reich 34 Lizenzen vergeben zu 100 RM pro Jahr. (Das war damals ein Monatsgehalt eines mittleren Beamten!)

International gesehen war dieser Stand ganz einfach lächerlich. Der internationale Funkverkehr war inzwischen so weit gediehen, daß alle Kontinente erreichbar waren und erreicht wurden. Das berühmte Diplom WAC wurde immerhin bereits im April 1926 gestiftet. Ein Jahr zuvor war bekanntlich die Internationale Amateur Radio Union, die IARU, gegründet worden.

Hier noch einige Zahlen aus dem Jahre 1928: Auf der gesamten Welt gab es etwa 50 000 Funkamateure und davon in den USA 20 000, in England 2 500, Frankreich 350, Schweden 234, Sowjetunion 150, Spanien und Belgien etwa 90, Deutschland und Dänemark je 50, Italien und Norwegen je 30 und in der Schweiz gab es 5 Funkamateure.

Die weitere Entwicklung in Deutschland gestaltete sich weiterhin schwierig und problembeladen.
Es wurden mehrfach großzügige Lizenzierungen versprochen. Das Göbbels’sche Propagandaministerium, dem der 1927 gegründete DASD unterstellt worden war, versuchte jedoch wenig erfolgreich den gesamten Amateurfunk Deutschlands und seine Organisation zu unterwandern. Zu Beginn des 2. Weltkrieges wurden die bis dahin erteilten 529 Lizenzen - wenn wir von den wenigen Kriegsfunklizenzen absehen - einschließlich Geräte eingezogen.


Nach 1945 - ein erneuter Anfang

 
Wieder bedurfte es mutiger OMs, den Amateurfunk und eine neue Organisation in Gang zu bringen.

Die Besatzungsbehörden ließen ab 1946 die Bildung von funktechnischen Vereinen zu.
Die amerikanischen Besatzungsbehörden erwiesen sich in den Nachkriegsjahren am amateurfunk- freundlichsten. Einer dieser Klubs war der SAC, der Samstagabend Club, unter dessen Regie ab 1947
in Stuttgart die QSL-Post-Box 585 betrieben wurde. Hier wurden auch “semioffizielle Lizenzen” erteilt. Um auch diesen Abschnitt abzukürzen sei lediglich erwähnt, daß es auch in den Westzonen zu Haussuchungen und Verhaftungen während der Schwarzsenderzeit gekommen ist. Ungeachtet dessen aber die Anzahl der durch den SAC betreuten Funkamateure ständig wuchs.
Im Verlaufe des Jahres 1948 wurde bereits über 600 “semi-offizielle” Funkamateure betreut.
Später auch noch die der Ostzone hinzu.

Es bedurfte eines beharrlichen und angemessenen Taktierens bis leztenendes, unterstützt durch die sog. Backsteinaktion, der damalige Wirtschaftsrat am 19.01.1949 das bekanntlich 1997 abgelöste Amateurgesetz verabschiedete. Die ersten Lizenzen gab es ab dem 23.03.1949 zunächst nur in der amerikanischen und britischen Zone. In der französischen Zone dauerte es bis Mai 1950 und im Saarland wurden erst im Oktober 1952 die ersehnten Lizenzen erteilt.

Auch in der Ostzone, der späteren DDR, gab es viele Funkamateure, die nach Kriegsende die Funktätigkeit aufnahmen und um die Legalisierung rangen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an das Engagement im Kulturbund 1949, in der Kammer der Technik 1950 sowie der berühmten Versammlung vom Mai 1951 in Jena.

Ein Dach bot dann schließlich die 1952 gegründete Gesellschaft für Sport und Technik.

Im Februar 1953 wurde eine unter Mitwirkung von Funkamateuren in Klausur erarbeitete Verordnung einschließlich Durchführungsbestimmungen erlassen. Bemerkenswert ist der §9 jener ersten Verordnung, der besagte:

“Alle vorhandenen, für den Amateurfunk geeigneten Funksender oder wesentliche Teile derselben sind von ihren Besitzern innerhalb sechs Wochen nach Verkündung dieser Verordnung dem Ministerium für Post- und Fernmeldewesen zu melden, sofern nicht von ihnen innerhalb dieses Zeitraumes die Erteilung auf eine Genehmigung zum Errichten und zum Betrieb einer Amateurfunkstelle beantragt worden ist.”

Mit anderen Worten, wer nun keine Lizenz beantragte, machte sich strafbar. Die ersten 16 Genehmigungen wurden am 14.Juli 1953 ausgestellt; das erste offizielle QSO fand tags darauf zwischen DM2AEM und DM2AGM in Leipzig statt.
Die erste Rufzeichenliste der DDR von Juli 1957 enthielt bereits 163 Einzelgenehmigungen und 211 Klubstationen. In den 3 Nordbezirken Rostock, Schwerin und Neubrandenburg - etwa im jetzigen Mecklenburg-Vorpommern - waren es 21 Einzelgenehmigungen und 21 Klubstationen - insgesamt 31 OMs.

Wir freuen uns, daß wir von diesen 31 OMs noch 5 unter uns haben:

Franz Greiner            DL1KWA damals  DM2ABA

Heinz Stiehm            DL1SUE  damals  DM2ACB

Oskar Pohl               DL1SVZ  damals  DM2AGB

Hans Heinecke          DL3KUO  damals  DM2ADA und

Dietrich Meyenburg    DL9GLA   damals  DM3KJA.


In der DDR wurde nun gefunkt

 

Über den Amateurfunk in der DDR heute etwas sagen zu wollen ist aus dem Grunde nicht einfach,

da es der Medienwelt noch nicht gelungen ist, zur Sachlichkeit und dem Anerkennen von Realitäten zurückzukehren.

Aber mit journalistischem Wunschdenken kommen wir eben nicht weiter und dies erst recht nicht, wenn lange zurückliegende Ereignisse mit einem Selbstverständnis von heute gemessen werden. Bleiben wir also bei der Realität.

Gewiß, wie überall auf der Welt gab auch hier unter den Verantwortlichen solche, die dem staatlich zugelassenen und von dort gefördeten Amateurfunk mißtrauisch oder sogar feindlich gegenüberstanden. So erfuhr unser Oldtimer Ernst Fischer DL2KUX und früher DM2AXA aus Greifswald vom damaligen GST-Kreisvorsitzenden im Jahr 1957, daß es so etwas wie Amateurfunk in der DDR nie
geben werde. Ernst fand dennoch den Weg.

Auffällig ist die Anzahl der Klubstationen, die durch Betriebe, Schulen und Institutionen unterstützt territoriale Zentren für Ausbildung und Funkbetrieb wurden. Eine feine Sache insbesondere für junge Leute. Mit der erworbenen Sendegenehmigung konnte man sofort loslegen. Man durfte funken und sollte es sogar.

Wer dies ohne klar erkennbare Gründe nicht tat, mußte mit dem Einzug seiner Genehmigung rechnen. Inhaber von Einzelgenehmigungen standen darüberhinaus unter dem Erfolgszwang, innerhalb eines Jahres nach Erteilung der Genehmigung QRV zu sein.

Man erwartete auch, daß jeder außer zu funken auch etwas für die Gesellschaft tat und dies insbesondere auf dem Gebiete der Ausbildung - gewissermaßen als Multiplikatoreffekt. Sich einfach zurückzulehnen und andere für die Klubstation arbeiten zu lassen, hatte gelegentlich auch unangenehme Folgen.

Man mußte Mitglied der GST sein. Dafür wird heutzutage gern der Begriff  “Zwangsmitgliedschaft” benutzt.

So mancher würde sich allerdings heute wünschen, daß alle im selben Verein Mitglied wären und sich für den Verein einsetzten - nun aber völlig freiwillig.

Die ersten offiziellen QSOs mit DM-Rufzeichen wurden oft mit Sendern getätigt, die schon jahrelang in Betrieb waren.

Da für die Klasse 1 eine maximale Anodenverlustleistung von 50 Watt zugelassen war, bestimmte der §8 der 2. Durchführungsverordnung, daß man besonders befähigten Funkamteuren von Fall zu Fall auch höhere Verlustleistungen genehmigen könne. Jede Sendeanlage mußte durch die Post zum Betrieb freigegeben sein bevor man - abgesehen vom Testbetrieb - loslegen konnte.
Die Abnahmezeremonie bestand viele Jahre im Vorführen eines QSOs bevor später Ober- und Nebenwellenabstrahlungen gemessen wurden.

Nun ein paar Daten bis in die 80-ziger Jahre

 

1955 fand der erste DM-interne Contest statt an dem sich 45 Sendestationen und 39 SWLs beteiligten.

Die Diplome WADM und RADM, die ab 1980 als WAY2 und RAY2 weitergeführt wurden, gab es seit 1956.

Diese Diplome erforderten den Mehrbandbetrieb.

1956 wird das 2-Meter-Band freigegeben. Ein halbes Jahr danach ist DM2AFO QRV. Die Erstverbindung DM - OK auf 2 Meter tätigt DM2AFN. 1962 läuft der erste DM-UKW-Contest. Zur allgemeinen 2-Meter- Belebung wird ab 1963 der DM-UKW-Marathon in Leben gerufen. Das Diplom DM-QRA wird gestiftet, 1964 folgt das EUROPE- QRA-Diplom.

1957 funkt OM Heinz Stiehm, DM2ACB heute DL1SUE, an Bord des Segelschulschiffes “Wilhelm Pieck” unter

dem Rufzeichen DM5MM/MM. Im Hafen von Tirana ist er unter ZA2ACB QRV.

Seit 1958 gibt es das SOP-Diplom, das wir als Distrikt seit 1991 weiterführen.

Es ist übrigens das erste Diplom, das nun auch per e-Mail beantragt werden kann.

Im Mai 1958 beginnt die Sendereihe “Hör zu - die GST sendet” auf 40 Meter.

Diese Sendungen in Amplitudenmodulation der Funkamateure wenden sich an Rundfunkhörer mit der Absicht, sie für den Amateurfunk zu gewinnen. Diese Sendungen haben Erfolg, so daß 1960 für die Rundfunkhörer das HADM-Diplom gestiftet wird.

Der erste WADM- (später WA-Y2 und heute WAG-) Contest wird im Oktober 1959 veranstaltet - damals noch nur in CW. Ihm folgen der DM-Aktivitäts- und 1963 der Jahresabschluß-Contest.

Die erste Auflage des berühmten “Antennenbuchs” von Karl Rothammel DM2ABK, erscheint 1959 im Militärverlag der DDR.

Im Mai 1965 tritt eine neue Amateurfunkordnung in Kraft. Mit ihr wird eine Einstiegerklasse mit CW Prüfung von 40 BpM geschaffen. Parallel dazu gibt es die SWL-Einsteigervariante DM-EA ohne Telegrafieprüfung. Die Jahre 1966 und 1967 werden dadurch zu den Jahren mit dem größten Zuwachs an Funkamateuren in der DDR.

1965 werden die Interessengruppen DM-DX-Club und DM-CHC-Chapter gebildet und später als DM-DXer bzw. Y2-DXer und DMCG bzw. Y2-CG weitergeführt. Parallel dazu werden die Diplome DM-DX-A und DM-CA später Y2-DX-A und Y2-CA gestiftet. Das Kreiskennerdiplom DM-KK bzw.

Y2-KK kommt 1968 hinzu und vervollständigt das Diplomprogramm.

Am Telegrafie-Teil des WW-DX-Contestes 1966 nimmt erstmalig ein Team in der Multi-OP-Multi- TX-Kategorie unter dem Rufzeichen DM7M teil (einstelliger Suffix bereits 1966 !).

Am 08. März 1970 findet zum ersten Mal die YL/XYL-OM-Party, ein Wettbewerb auf dem 80-Meter- Band, statt.
Frauen mit UKW-Sendegenehmigungen dürfen an diesem Tag sowie am Tage dieses Wettbewerbs in den folgenden Jahren freizügig Amateurfunkbetrieb auf den Kurzwellenbändern machen.

Ebenfalls 1970 werden die Contest- und Diplomprogramme in Ordnungen des Radioklubs der DDR gefaßt. Gleichzeitig tritt eine Klassifizierungsordnung in Kraft, nach der besonders erfolgreiche Funkamateure die staatlichen Sportauszeichnungen Meister des Sports und Verdienter Meister des Sport erhalten können.

Aus Anlaß des 20-jährigen und später des 25-jährigen Bestehen des Amateurfunks in der DDR können zahlreiche Funkamateure den Präfix DT verwenden.

Zum 30. Jahrestag verwendeten sie die “30” mit dem Suffix aus der DM-Zeit - Beispiel Y21FA sendete als Y30AFA.

Ab Mitte der 70er Jahre werden alle Klubstationen mit dem Amateurfunk-Transceiver “Teltow” ausgerüstet.

Ab 01.01.1980 funken die Funkamateure der DDR unter Y-Rufzeichen. Gleichzeitig wurde der Ausbil- dungsfunkbetrieb an Klubstationen eingeführt. Die Rufzeichen sind einheitlich aufgebaut:

Y, die Ziffern der Klubstation, A, Bezirkskenner - Beispiel Y51AC, Ausbildungsrufzeichen der Klubstation Y51ZC in Pasewalk im Bezirk Neubrandenburg.

Contestrufzeichen konnten Klubstationen erst ab 1987 verwenden. Sie wurden nach dem gleichen Prinzip gebildet: Y, Ziffern der Klubstation, C, Bezirkskenner - Beispiel Y38CB. Contestrufzeichen mit einbuchstabigem Suffix waren an die Bildung einer festen Mannschaft gebunden - Beispiel Y34K.

In den DDR-Jahren gab es viele Sonderdiplome und zahllose Sonderstationen. Anlässe waren oft politische Veranstaltungen und Ereignisse. Man kann nun heute sich dazu stellen wie man will:

Alle diese Aktionen hatten stets das gleiche Ziel: Funkaktivität!

International gesehen von mehreren ausländischen Stationen unabhängig voneinander eingeschätzt, waren ebensoviele DM- bzw. Y-Stationen auf den Kurzwellenbändern zu hören wie DL-Stationen.
Im Oktober 1989 gab es hier rund 4550 Funkamateure.


Die Wende

 
Es wendete sich einfach alles. Der Radiosportverband, nun als eingetragener Verein, hatte die Aufgabe, alle Fragen in den turbulenten Zeiten zu klären bzw. wenigstens zu erklären und auf dieser Weise die Funkamateure in das vereinte Deutschland zu führen. Die Übergangsverfügung, die hinsichtlich der Frequenzzuweisungen in den neuen Bundesländern nach wie vor gilt, ordnete die damaligen Mitbenutzern ohne zusätzliche Prüfung in die Klasse B ein. Das war die entscheidende Voraussetzung für den Fortbestand des Amateurfunks in "Neufünfland" überhaupt.

Der Übergang zum DARC war nicht so einfach, da es genügend OMs auf der westlichen Seite gab, die dem RSV e.V. mißtrauten und eigentlich diesen RSV als selbständigen Verein in Deutschland fürchteten. Berater des damaligen Vorstandes des DARC hatten mitunter zu viele "Fernsehmeinungen” versucht umzusetzen.

Schließlich kam es doch zu dem bekannten gemeinsamen Weg.

Unser Distrikt ist deckungsgleich mit dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Er ging hervor aus den Bezirken Rostock, Schwerin und Neubrandenburg ohne die Kreise Wittenberge, Templin und Prenzlau, die jetzt zum Land Brandenburg gehören.

Von den etwa 620 Amateurfunkgenehmigungsinhabern in unserem Distrikt aus DDR-Zeiten waren bis Ende März 1991 etwa 500 in Ortsverbänden - nun des DARC - organisiert. 80 Sendeamateure und SWLs fanden nicht den Weg zum DARC und 64 Funkamateure mit Y-Call beantragten nicht in der dafür vergesehenen Zeit bis Ende 1992 ein DL-CALL. Infolge wirtschaftlicher Um- und Zusammenbrüche, der Neuordnung von Eigentumsverhältnissen und vielen anderen Gründen mehr, büßten wir in den ersten 5 Jahren weitere 135 Mitglieder ein. Glücklicherweise war der Zugang neuer Mitglieder größer, so daß wir Ende 1994 statistisch ebenso viele Funkamateure und Mitglieder hatten als zu Beginn der Wende.

Heute, oder genauer gesagt am 01.07., waren im Distrikt 764 Mitglieder in 29 Ortsverbänden des

Klubs organisiert und 681 von ihnen haben eine Amateurfunkgenehmigung. Von diesen 681 Genehmigungsinhabern haben 20 die Klasse 3 und 165 die Klasse 2.  21 führen wieder ihr altes DM-CALL. Insgesamt hat Mecklenburg-Vorpommern, also DARC-Nichtmitglieder einbezogen, gegenwärtig etwa 900 Funkamateure mit einer Genehmigung der Klassen 1, 2 oder 3, sodaß sich ihre Anzahl in den letzten 10 Jahren etwa ver-1,5-facht hat.

Historiker möchten bitte vermerken, daß die Außenstelle des BAPT Neubrandenburg als erste Außenstelle in

den neuen Bundesländern die neuen Genehmigungen austellte, so daß es Neubrandenburger waren, die am 02.05.1991 als erste „Ossis“ mit DL-CALLs funkten. Rostock folgte einen Tag später.

Es entwickelt sich...

 

Kaum eine Klubstation von damals hat heute noch sein Domizil für Funkbetrieb und Ausbildung. Manchem OV gelang es wieder irgendwo Räumlichkeiten zu bekommen, manchem auch nicht.

So reduzierte sich die Anzahl von Klubstationen etwa auf die Hälfte, wobei nicht immer hinter einem Klub-Call auch eine Station steht.

Die Entwicklung des FM-Relais- und Digipeater-Netzes in Mecklenburg-Vorpommern entwickelte sich - mit den Augen von heute gesehen - rasant. Zu den bestehenden 2-Meter Relais in Rostock und Greifswald kamen bald die in Schwerin und Neubrandenburg hinzu. Heute sind es 6, wobei wir noch auf das QRV-Werden in Malchin warten.

Auf 70 cm sind 10 Relais QRV, auf das Wiedereinschalten von DB0WLG hoffen wir noch.

Das Digipeater-Netz entstand in denkbar kurzer Zeit. Vollständig funktionierte es nur wenige Tage.

Seit dem klappert es hier oder da: dort wird das Gebäude einschließlich Dach umgebaut, an anderer Stelle richtet ein Blitz ein technisches Chaos an oder ein hohes Gebäude wird in die Linkrichtung gesetzt. Normale Defekte an den Geräten und Antennen führen fast überall zu Ausfällen. Damit muß man eben leben. Die Schweriner OMs betreiben ein ATV-Relais, das Rostocker ist noch im Entstehen. Zur Vollständigkeit gehört noch das Nennen von 2 Baken auf 144 Mhz und 10 GHz.

Der Distrikt unterstützte die Errichtung dieser Netze bisher mit mehr als 6000,- DM.

Ohne den Fleiß vieler und eigentlich immer viel zu weniger YLs und OMs geht das alles nicht.

Seit 1994 werden verdienstvolle Funkamateure unseres Distriktes mit der Ehrennadel des Distriktes geehrt. Bisher konnten 12 Ehrennadeln vergeben werden. Die erste erhielt Traudel, DL1SYL, für ihr besonderes Engagement bei der Bildung unseres Landesjugendverbandes und der Ausbildung von Amateurfunknachwuchs.

Gefunkt wird im Distrikt Mecklenburg-Vorpommern nach wie vor - wenn auch insgesamt weniger als in alten Zeiten.
Wer einmal im Ausland Funkbetrieb gemacht hat, wird wissen, daß Stationen aus MVP stets dabei sind auch wenn
“nur” DL5SVB und DL2SZA zu den Anrufern gehören. Feldtage und Leuchtturmwochenenden finden nicht ohne MVP-Beteiligung statt. Sonderstationen gehören je nach Anlaß ebenfalls zu dem Programm. Amateurfunktreffen - wie das heutige auf der Insel Rügen nun zum 10. Mal - finden regelmäßig auch in Ludwigslust und Neubrandenburg statt.

An kleinen Erfolgen mangelt es nicht. Große sind schon seltener.

Im vergangenen Jahr konnte das Team DL0HRO, Z87, den Kurzwellenpokal des DARC gewinnen.

Dieser Erfolg freut uns um so mehr, da bei diesem Wettbewerb im Unterschied zur Klubmeisterschaft mehr Leistungs-Conteste in der Wertung sind. Übrigens, der Chef und Motor von DL0HRO ist Matthias, DL3KUD. Er ist z.Z. auf dem Wege nach 3B6, der Insel Agalega, wo er an einer international besetzten DX-Expedition teilnimmt.
QRV: 08.-24.10.; CALL: 3B6RF

Es ließe sich noch mehr aufzählen, was heute den Distrikt Mecklenburg-Vorpommern im Amateurfunk ausmacht. Auch daß wir der 4. Distrikt im DARC waren, der mit einer eigenen Homepage an die große des Klubs angelinkt wurde, macht uns stolz. MVP-Contest mit offener Beteiligung und MVP-Diplom sind feste Begriffe.

Zufrieden? Nein, zufrieden sind wir nicht. Unzufriedenheit ist die Triebkraft für Neues. Aber auch wir könnten mehr von dieser schöpferischen Unzufriedenheit gebrauchen, ich meine dies im Sinne von mehr Mitverantwortung und Mitarbeit, denn schließlich möchten wir unseren Amateurfunk nach den ersten 90 Jahren noch einige Jährchen betreiben.